Über mich – wieviel erzählen, das interessant genug ist, wieviel preisgeben? Ich sitze hier schließlich nicht beim Therapeuten. Sondern, wie man sieht, beim Wein. Konkret beim Wein einer befreundeten Winzerin, die die Ergebnisse einer ganz altmodisch ehrlichen und sehr modernen Auffassung des Weinanbaus gelegentlich in einem traditionellen Heurigen im Herzen meiner wunderschönen Zweitheimat Grinzing ausschenkt. Eigentlich bin ich hier, im schönsten Teil Wiens, gelandet, weil ich immer so gern „Der Kongress tanzt“ gesehen habe. Das war noch in der Erstheimat Hamburg, die genau das wirklich ist, obwohl ich unter der Patenschaft der Brüder Grimm an einem sonnigen Erntedankfest in Hanau am Main geboren und dann sehr bald im kleinen Reinbek vor den Toren der Hansestadt aufgewachsen bin. Dort habe ich schon als Kind Gedichte verfasst, mir die berühmten Tama & John-Abenteuergeschichten für meinen Bruder ausgedacht und war nicht nur Redakteurin der Schülerzeitung „Der Blitz“ des Luisengymnasiums in Hamburg-Bergedorf, sondern zeichnete auch für den Namen samt Slogan – Der Blitz beleuchtet unsere Probleme und erschlägt die Gegner der Schülerinteressen – verantwortlich. Das war nicht der Humor des damaligen Schulrektors, der es nicht verdient, namentlich genannt zu werden, und vielleicht gab es auch ganz andere Gründe, dass ich mich letztlich gegen eine schriftstellerische oder journalistische Laufbahn und für einen Berufsweg als Grafik-Designerin entschieden habe. Auch gegen die Schauspielerei, dafür aber später trotzdem fürs Theater. Art Directorin am Hamburger Schauspielhaus für vier wunderbare Spielzeiten mit noch viel wunderbareren Kollegen: Roland Renner, Gustav-Peter Wöhler, Monica Bleibtreu, Uli Tukur, Ben Becker, Ortrud Beginnen, Matthias Fuchs, Gerhard Garbers – um nur einige zu nennen. Das anschließende Leben als freie Designerin, Texterin und Journalistin hatte den Vorteil, dass ich endlich eine Dobermann-Prinzessin in mein Leben lassen, und schließlich sogar die Stadt, in der einmal ein Kongress tanzte, zu meinem zweiten Zuhause machen konnte.
Die 1116 Bahnkilometer, die zwischen meinen Städten liegen, lassen Zeit und Raum für Beobachtungen, Erinnerungen, Gedanken. Viele der Texte in meinem neuen Buch „Der Philosoph aus der ICE-Toilette“ sind von diesem Abstand geprägt, selbst wenn sie tief in Wiener Erinnerungen und Hamburger Erlebnisse und Ereignisse hineintauchen.