Die britische Band Yard Act mit ihrem Debutalbum „The Overload“. Ich habe es mir angehört und für die junge Welt darüber berichtet.
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Land der Blinden
Kritische Töne aus Leeds: Yard Act mit ihrem Postpunkdebüt »The Overload«
Von Eileen Heerdegen
Franz Ferdinands Frontmann Alex Kapranos twitterte kürzlich von der US-Tour, dass er in einem Geschäft in Los Angeles erst verstanden wurde, nachdem er mit US-amerikanischem Fake-Akzent gesprochen hatte. Genau dafür liebe ich die Briten, für ihren Humor und ihre Sprache. Zumindest die Briten, die man lieben kann, und sprachlich dort vor allem den Norden.
Leeds ist ziemlich im Norden, der Dialekt ist rau und hart, wie es den Arbeits- und Lebensbedingungen der Bevölkerung in den Bergarbeiter- und Industriezentren entsprach. Hier war man stolz, ein »Working Class Hero« zu sein. Und noch immer gibt es hier offenbar eine recht zornige Jugend (sofern man Menschen um die 30 noch dazu zählen möchte). Postpunk ist hier das häufigste Attribut, das jungen Musikern der Indie- und Alternativeszene zugeschrieben wird. Das gilt auch für Yard Act, allerdings klingt die Band mit ihrem charakteristischen Storytelling niemals wie eine Kopie.
Sänger James Smith – der Name klingt wie ein Kauz aus einem englischen Detektivroman, und so sieht er auch aus. Verpeilt verwuschelte Pilzkopfgedächtnisfrisur, Hornbrille zwischen mega angesagt und Kassenmodell plus beigefarbenem Trenchcoat, angeblich augenzwinkernd gewählt, um das Image eines typischen Postpunks zu ironisieren. Bassist Ryan Needham und Schlagzeuger George Townend sind optisch unauffällig, dafür auffallend gute Musiker. Die schrägen Gitarrenriffs machen Spaß, und der Trommler schafft es, allein einen treibenden Double-Drumming-Sound zu erzeugen. Mit dem Bassisten Sam Shipstone samt Walross-Antje-Schnäuzer wird das Quartett komplett.
Die Spoken-Word-Performances bewegen sich irgendwo zwischen dem Punkpoeten John Cooper Clarke, »A boy named Sue« von Johnny Cash, zwischen Adam Ant und David Byrne, allerdings ohne deren Exaltiertheit. Die Texte reichen von direkten Angriffen auf die aktuelle Politik (wir sind das Land der Blinden, wo ein Einäugiger König ist und den Verstand verloren hat – »Land oft The Blind«) bis zu allgemein philosophischen Betrachtungen über Wert und Sinn des Lebens. Der Song »Tall Poppies« – was nichts mit überlangen Mohnblumen zu tun hat, sondern die Bezeichnung für jemanden ist, der »es geschafft hat« – beschreibt ein solches Leben, von dem am Ende auch nichts bleibt, außer einem Namen auf einem Messingschildchen an einer gestifteten Parkbank.
»Wir machen alle dasselbe Geräusch, wenn wir niedergemäht werden« (»Payday«). So schwer es auch ist, schließe ich mich doch unbedingt der Meinung des eingangs zitierten Alex K. an, dass Künstler niemals die Hoffnung verlieren dürfen. Und so möchte ich Yard Acts »Dead Horse« nicht auf England beschränkt und mehr als Warnung, nicht als Weissagung sehen: »So bold it is in its idiocy, so bound by its own stupidity / It does not realize it has already sentenced itself completely to death« (tief verstrickt in Idiotie und Dummheit, merkt es nicht, dass es sich längst selbst zum Tode verurteilt hat).